Ein bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) klingt wie Musik in den Ohren vieler Menschen. Doch was hat es mit der sozialpolitischen Idee, die seit der Corona-Krise wieder an Aufmerksamkeit gewinnt, auf sich?
Immer wieder hört man in der Politik den Vorschlag nach einem bedingungslosen Grundeinkommen. Gemeint ist damit die Idee, jedem Bürger einen festen monatlichen Betrag auszuzahlen, ohne dass dieser dafür eine Gegenleistung erbringen muss. Wie der Name schon sagt, ist dieses Grundeinkommen an keine Bedingungen geknüpft. Auch wer nicht arbeitet, soll mit einem solchen Einkommen ausgestattet werden.
Bedingungsloses Grundeinkommen: Das sagen Befürworter und Kritiker
Wer in Deutschland Hartz IV, Arbeitslosenhilfe, Elterngeld oder sonstige Sozialleistungen anfordert, muss seine Bedürftigkeit nachweisen können. Das bedingungslose Grundeinkommen hingegen soll immer ausgezahlt werden, ganz unabhängig von der Lebenssituation des Bürgers. Ziel dieses Konzepts ist es, den Bürgern mehr Freiheiten in der Arbeitswelt zu bieten. Die Menschen wären mit dem BGE weniger abhängig von der Bezahlung eines Jobs und könnten sich freier entfalten. Kreative oder soziale Jobs, die jedoch nicht viel Geld abwerfen, würden attraktiver werden.
Befürworter des bedingungslosen Grundeinkommens betrachten “Arbeit” und “Einkommen” getrennt voneinander. Statt die Aufgabe den Unternehmen zu überlassen, soll der Staat die finanzielle Sicherheit der Bürger gewähren. Wie der gemeinnützige “Mein Grundeinkommen e.V.” beschreibt, soll das BGE als eine Art Grundrecht existieren, das nicht gestrichen werden kann.
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Das bedingungslose Grundeinkommen klingt wie eine Utopie. Kritiker sind überzeugt, dass es auch weiterhin eine praxisferne Theorie bleiben wird. Das größte Kontra-Argument sind dabei die Kosten. Wie soll ein solches Grundeinkommen bezahlt werden?
Um die Existenz eines deutschen Bürgers abzusichern sind zumindest einmal 1.000 Euro pro Monat notwendig. Im Blick auf den gesamten Staat wären das mindestens 900 Milliarden Euro, je nach Umsetzung des Konzepts. Das ist immerhin das Doppelte von dem, was der Bundeshaushalt im Jahr 2022 auszugeben plant. Befürworter des BGEs argumentieren, man könne diese Kosten mit einer Erhöhung der Einkommens- oder Mehrwertsteuer tragbar machen.
Der zweite, große Kritikpunkt ist der sinkende Anreiz, eine Arbeit aufzunehmen. Weshalb sollte man mit einem Grundeinkommen überhaupt noch das Haus verlassen, um einem Job nachzugehen? Und selbst wenn man die Menschen trotzdem überzeugen könnte, zu arbeiten, wer übernimmt dann die weniger freudigen Jobs? Die Reinigungsbranche zum Beispiel, würde mit einem Grundeinkommen jegliche, noch verbliebene Attraktivität verlieren. Auch in ländlichen Regionen könnte es zu einem Fachkräftemangel kommen. Das wiederum hätte Auswirkungen auf die gesamte Wirtschaft.
Experiment in Kanada
Gute Pro- und Kontra-Argumente für das BGE gibt es viele. Wie das Grundeinkommen in einer echten Wirtschaft funktionieren würde, ist bislang aber noch unklar. Kein Land der Welt hat die Idee im vollen Maße umgesetzt. Nur Experimente stoßen immer wieder auf offene Ohren. Eines der ersten Experimente fand in Kanada statt, bei dem alle Familien der Provinz Manitoba, deren Einkommen unter die Armutsgrenze fiel, mit einem Grundeinkommen ausgestattet wurden. Das Konzept wurde von 1974 bis 1978 getestet. Das Ergebnis: Die Arbeitsstunden fielen um ein Prozent geringer aus. Zeitgleich besserte sich aber auch die körperliche und die psychische Verfassung der Teilnehmer.
Wie Aussagekräftig derartige Experimente sind, bleibt umstritten. Die kanadischen Teilnehmer wussten, dass der Test auf vier Jahre begrenzt war. Wie sie sich bei einem “Open End” verhalten hätten, steht auf einer anderen Karte.