Warum Christian Lindner die Aktienrente will – und was dahinter steckt

Warum Christian Lindner die Aktienrente will - und was dahinter steckt
© Christian Lindner (YouTube)

Schon seit Jahren wirbt der neue Finanzminister Christian Lindner für eine Aktienrente. Doch was steckt hinter der Idee und wie funktioniert das Modell?

Das deutsche Rentensystem befindet sich schon seit längerer Zeit auf wackeligem Boden, da immer weniger Erwerbstätige für immer mehr Rentner aufkommen müssen. Die Auswirkungen der wandelnden Demographie machen sich schon jetzt im Alltag vieler Menschen bemerkbar. Das Problem der Altersarmut nimmt stetig zu und wird vor allem die Millennials mit voller Härte treffen. Die Strategie der Bundesregierung bestand bis jetzt darin, das Problem zu ignorieren oder auf die völlig fehlerhafte Riester-Rente hinzuweisen.

Aktienrente: Mit Wertpapieren gegen die Altersarmut

Die FDP glaubt eine Lösung präsentieren zu können: Und zwar mit der Aktienrente. Wie aus dem Wahlprogramm des Jahres 2021 hervorgeht, plant die Partei, die gesetzliche Rente um einen zweiten Pfeiler zu erweitern. Der Betrag, welcher momentan in die Altersvorsorge fließt, soll nicht erhöht werden. Dafür soll aber ein kleiner Teil des Betrags, neben der umlagefinanzierten Rentenversicherung, für eine Aktienrente aufgewendet werden.

Zwei Prozent des Bruttoeinkommens könnten dann zum Beispiel in einer “langfristigen, chancenorientierten und kapitalgedeckten” Altersvorsorge angelegt werden, die “als Fonds unabhängig verwaltet wird” so die FDP. Jeder Bürger würde dann zu einer Art gesetzlich-verpflichtetem Kleinaktionär werden. Wie dieses Modell in der Praxis aussehen könnte, macht uns bereits Schweden vor.

Vor fast 25 Jahren wurde in dem skandinavischen Land die Aktienrente eingeführt. Mithilfe mehrerer Vorsorgefonds, sogenannter Capital Funds, versucht man eine möglichst hohe Rendite für die Bürger zu erzielen, bei möglichst geringem Risiko. Der halbstaatliche AP7-Fonds gehört zu den größten dieser Fonds und wird von einem kleinen Team, bestehend aus Börsenexperten, betrieben. Im Schnitt erzielt dieser eine jährliche Rendite von 7%.

Auch interessant: Mieten im Jahr 2022 – Das sind die teuersten Städte Deutschlands

Würde die Aktienrente nach schwedischem Vorbild auch in Deutschland umgesetzt werden, könnte man dadurch das Rentenniveau wieder anheben. Zudem könnten somit auch Menschen vom Kapitalmarkt profitieren, die sich aufgrund geringer Löhne keine Aktien leisten können. Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner gehört zu den bekanntesten Vertretern dieser Idee. Auf die Frage, ob die Anlage in Aktien nicht gefährlich sei, weißt der 43-Jährige auf die Langfristigkeit des Investments hin.

Man plane nicht die Beiträge der Bürger kurzfristig anzulegen. Stattdessen wolle man das gesammelte Kapital über “Jahre und Jahrzehnte” investieren und zwar in die “gesamte Weltwirtschaft” so Lindner. Auf lange Sicht, das zeigen die Zahlen, sind die Chancen positive Renditen an der Börse zu erzielen tastsächlich extrem hoch. Ein Blick auf den deutschen Aktienmarkt beweist zum Beispiel: Wer über einen Zeitraum von 15 Jahren in den Dax investierte, lag am Ende immer im Plus – selbst beim schlechtesten Kauf- und Verkaufszeitpunkt.

Wann kommt die Aktienrente in Deutschland?

Im Koalitionsvertrag zwischen SPD, Grüne und FDP hieß es eigentlich, man wolle “die gesetzliche Rentenversicherung um eine teilweise Kapitaldeckung” erweitern und noch in diesem Jahr 10 Milliarden Euro dafür aufwenden. Im jüngst von Christian Lindner präsentierten Haushaltsentwurf wurde die Aktienrente jedoch nicht erwähnt. Das wiederum führte zu Verwunderung in der Bevölkerung. Wurden die Pläne für die Aktienrente jetzt doch gekippt?

Nein. Der FDP zufolge komme die Aktienrente wie geplant. Gegenüber der “Welt am Sonntag” erklärte Finanzstaatssekretär Florian Toncar: “Unser Wunsch ist, dass die ersten Milliarden Euro noch in diesem Jahr in den Fonds landen”. Entsprechende Gespräche innerhalb der Bundesregierung hätten bereits begonnen. Spekulationen der Medien, die Pläne seien wegen den hohen Ausgaben für die Bundeswehr und dem Entlastungspaket gegen die massiv gestiegenen Energiepreise gekippt worden, entsprächen nicht der Wahrheit.

Bundesbank als Fondsmanager: Kann das funktionieren?

Die konkreten Pläne für die Aktienrente mögen bislang noch schwammig sein. Eine Sache steht aber bereits fest: Die Bundesbank soll den Fonds verwalten und die Gelder der Bevölkerung gewinnbringend investieren. “Die Bundesbank ist sehr gut geeignet, das Management des Fonds zu übernehmen” meint Florian Toncar überzeugt. Den norwegischen Staatsfonds, welcher vom hiesigen Finanzministerium verwaltet wird, betrachtet der Politiker als Vorbild.

Doch ist die Bundesbank wirklich dafür geeignet, die Rentenbeiträge der Bürger anzulegen? Der Pflegevorsorgefonds wird bereits von der staatlichen Institution verwaltet, erzielte seit der Auflage im Jahr 2015 aber eine mickrige Rendite von 2,6% jährlich. Die Renditen können also nicht einmal gegen die aktuelle Inflation bestehen. Allerdings besteht der Fonds auch aus nur 20 Prozent Aktien – das restliche Kapital ist in festverzinslichen Wertpapieren angelegt.

Einen privaten Fondsmanager lehnt das Finanzministerium ab. Das Vertrauen liegt vollstens in den Händen der Bundesbank. Dabei zeigt der staatliche Atomfonds, dass es auch anders geht. Der Atomfonds erhält Gelder von den Betreibern der deutschen Atomkraftwerke und investiert diese gewinnbringend in Aktien, Immobilien, Anleihen und andere Anlageklassen. Das Management besteht aus einem Team von 30 Börsen- und Rentenprofis und konnte im Jahr 2020 eine Rendite von mehr als 8% erzielen.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

 

Mehr aus dem Netz

Related Posts
Consent-Management-Plattform von Real Cookie Banner