Was bedeutet es eigentlich, wenn eine Aktie unterbewertet ist und wie findet man solche Wertpapiere? Wir liefern die Antwort für alle Börsenneulinge.
Unterbewerte Aktien zu finden, gehört zu den Königsdisziplinen an der Börse. Wer ein Wertpapier entdeckt, das aussieht wie Schlamm, im inneren aber schimmert wie Gold, kann sich in den meisten Fällen auf saftige Renditen freuen. Star-Anleger wie Warren Buffet und Peter Lynch sind für solche Investments bekannt geworden. Doch was bedeutet es eigentlich, wenn eine Aktie unterbewertet ist?
Unterbewertete Aktien mit Kennzahlen finden
Als unterbewertet bezeichnet man in der Börsensprache eine Aktie, deren Kurs unterhalb ihres eigentlichen Werts, dem sogenannten “Fair Value” liegt. Gründe für den zu niedrigen Kurs kann es viele geben. So kann es zum Beispiel sein, dass die Aktie noch zu unbekannt ist, der Markt sich in einem Crash befindet oder die allgemeine Börsenstimmung tief liegt. Ob der Kurs eines Wertpapiers zu niedrig ist, kann man mit Hilfe der Fundamentalanalyse erörtern.
Bei der Fundamentalanalyse handelt es sich um die genauere Betrachtung einer Aktie anhand bestimmter Kennzahlen. Mit Unterstützung dieser Kennzahlen, auf die wir gleich genauer eingehen werden, kann man sich ein gutes Bild über den wahren Wert einer Aktie machen und gleichzeitig herausfinden, ob es sich um ein qualitatives Investment handelt. Die allgemeine Grundannahme an der Börse lautet: Unterbewertete Aktien werden früher oder später ihren Kurs korrigieren und auf den Fair Value zusteuern. Dieser Vorgang kann manchmal viele Jahre in Anspruch nehmen, zahlt sich aber schlussendlich aus.
Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV)
Seit Jahrzehnten schwören Investoren vor allem auf eine Kennzahl, um unterbewertete Aktien zu finden: Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV). Wie der Name schon verrät, bezeichnet das KGV das Verhältnis zwischen dem aktuellen Kurs einer Aktie und dem Jahresgewinn pro Aktie. Diese Relation lässt sich einfach berechnen, indem man den jeweiligen Kurs durch den Gewinn je Aktie dividiert. Nehmen wir die erfundene Peach AG als Beispiel, könnte diese Rechnung wie folgt aussehen:
KGV = Kurs : Gewinn pro Aktie
KGV der Peach AG = 100 : 40 = 2,5
Im Englischen bezeichnet man das Kurs-Gewinn-Verhältnis übrigens auch als P/E (price-earnings ratio) und den Gewinn pro Aktie als EPS (earnings per share). Heutzutage muss man das KGV meist nicht mehr selbst berechnen. Online-Broker und Finanzwebseiten geben diese beliebte Kennzahl in den meisten Fällen automatisch an, sodass man das jeweilige Ergebnis nur noch ablesen muss.
Wenn ihr die Kennzahl als Anhaltspunkt zur Seite zieht, sucht nach Aktien mit einem möglichst niedrigen KGV. Ob dieser niedrig ist, findet ihr heraus, indem ihr den KGV anderer Unternehmen der jeweiligen Branche betrachtet und vergleicht. Sagen wir, die Peach AG ist in der Technologie-Branche tätig und in dieser Branche hätten die meisten rivalisierenden Unternehmen einen KGV von 10 0der mehr. In diesem Fall läge die Peach AG mit einem KGV von 2,5 in einem sehr guten Bereich. Man kann den Kauf der Aktie in Betracht ziehen.
PEG-Ratio
Eine andere berühmte Kennzahl ist das sogenannte Kurs-Gewinn-Wachstumsverhältnis (PEG Ratio). Diese Kennzahl stellt eine Erweiterung des KGV dar, die vor allem bei wachstumsstarken Aktien oft zu Rate gezogen wird. Hierbei bezieht man noch das jährliche Gewinnwachstum des Unternehmens in die Gleichung mit ein. Hat die Peach AG im letzten Jahr eine Gewinnsteigerung von 10% erzielte, könnte die Rechnung also wie folgt aussehen:
PEG Ratio = KGV : Gewinnwachstum pro Jahr
PEG Ratio der Peach AG = 2,5 : 10 = 0,25
Manche Anleger beziehen auch eine zu erwartende Gewinnsteigerung in die Gleichung mit ein, um so herauszufinden, ob sich ein Investment lohnen könnte. Dabei rechnet man dann mit prognostizierten Zahlen. So oder so gilt beim PEG-Ratio: Umso niedriger, desto besser. Ein Wert von 1 wird als normal betrachtet. Liegt der Wert darunter, könnte die Aktie unterbewertet sein, liegt der Wert darüber, betrachtet man sie als überwertet. Die Peach AG könnte mit einem PEG Ratio von 0,25 demnach ein wahrer Glücksfund sein.
Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV)
Auch das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) sollten Anleger kennen. Ähnlich wie bei seinem Verwandten, dem KGV, rechnet man hier mit dem Aktienkurs. Allerdings nimmt man zusätzlich noch den Buchwert je Aktie zur Hand (Eigenkapital geteilt durch die Anzahl der Aktien). In mathematischer Form würde man die Formel wie folgt beschreiben:
KBV = Kurs : Buchwert je Aktie
Das KBV betrachtet den Marktpreis im Verhältnis zum Buchwert einer Firma. Bei einem Wert unter 1 könnte man es mit einer unterbewerteten Aktie zu tun haben. Dieses Ergebnis würde nämlich bedeuten, dass der Markt das Unternehmen niedriger bewertet, als auf dem Papier steht.
Eigenkapital und Fremdkapital im Überblick
Ein weiterer aussagekräftiger Faktor ist die Eigenkapitalquote. Sie gibt an, wie viel Prozent vom Gesamtkapital das Eigenkapital ausmacht. Dabei gilt: Je höher die Quote, desto besser wird die Bonität des Unternehmens bewertet. Eine Aktiengesellschaft, mit einem hohen Anteil an Eigenkapital, beweist ihren Anlegern, dass sie in der Lage ist, auf eigenen Füßen zu wirtschaften. Ein Unternehmen mit einer hohen Fremdkapitalquote sollte von Investoren stets kritisch beäugt werden. Die Gefahr, auf die Insolvenz zuzusteuern, ist bei solchen Unternehmen meist höher.
Der Verschuldungsgrad, eine weitere Kennzahl, steht in direkter Verbindung zur Fremdkapitalquote. Hierbei werden die Schulden eines Unternehmens im Vergleich zum Eigenkapital betrachtet. Die Formel würde also lauten: Fremdkapital : Eigenkapital * 100. Die Prozentzahl, welche am Schluss herauskommt, muss natürlich wieder im direkten Zusammenhang mit der jeweiligen Branche betrachtet werden. Als Faustregel gilt jedoch, dass der Verschuldungsgrad nicht höher als 200 sein darf. Das Fremdkapital sollte also nicht doppelt so hoch sein, wie das Eigenkapital.
Die Kreditwürdigkeit eines Unternehmens sinkt mit einem hohen Verschuldungsgrad. Bedenkt jedoch, dass diese Aussage nicht auf Banken und Versicherungen zutrifft. Firmen, deren Geschäftsmodell darin besteht, mit fremdem Geld zu wirtschaften, haben automatisch einen gigantischen Verschuldungsgrad. Das kommt daher, dass dieses Geld in der Bilanz als Fremdkapital bezeichnet wird. In diesem Fall eignet sich der Verschuldungsgrad also nicht als aussagekräftige Kennziffer.
Die Kennzahlen, die wir alle genannt haben, sollten nicht unabhängig voneinander betrachtet werden. Am besten ist es, wenn man als Anleger möglichst viele Orientierungspunkte in die Analyse mit einbezieht. Bevor ihr euch für die Aktien eines bestimmten Unternehmens entscheidet, solltet ihr auch die generelle Marktsituation beobachten und externe Meinungen anhören. Zudem schadet es nicht, ein Unternehmen auch von einer subjektiven Seite zu analysieren. So sollte man, wenn möglich, einen Blick auf die Produkte, Dienstleistungen und das gesamte Unternehmenskonzept werfen.