Im Zuge der Energiekrise wächst die Angst vor einem Blackout. Inwieweit die Sorge vor einem solchen Ereignis gerechtfertigt ist, darüber streiten selbst die Experten.
Der CDU-Chef Friedrich Merz warnte zuletzt vor einem großflächigen Stromausfall in Deutschland. Gegenüber der Bild am Sonntag erklärte der Politiker: “Wenn diese Regierung so weitermacht und aus ideologischen Gründen am Atomausstieg festhält, droht uns Anfang nächsten Jahres ein Blackout.” Für seine Aussagen erntete Merz neben Zustimmung auch jede Menge Kritik – seine politischen Gegner unterstellten ihm Panikmache. Doch wie real ist die Gefahr eines Stromausfalls wirklich?
Steht uns schon bald ein bundesweiter Blackout bevor?
JPMorgan Chase, die größte Bank der Welt, bereitet sich immerhin schon auf einen Blackout in der Bunderepublik vor. Einem Bericht des britischen Telegraph zufolge, habe das Kreditinstitut Pläne ausgearbeitet, im Falle möglicher Stromausfälle die Tätigkeiten von Frankfurt nach London oder andere europäische Städte zu verlagern. Unter Umständen werde die Bank auch auf Notstromaggregate zurückgreifen, die den Bürobetrieb für mehrere Tage sicherstellen können.
Der Energieexperte Christoph Maurer vom Beratungsunternehmen Consentec hält Aussagen wie die von Merz für Angstmacherei. Im Interview mit ntv.de erklärt der Geschäftsführer: “Die Angst ist zu einem großen Teil Panikmache. Mit dem Begriff ‘Blackout’ sollte man sowieso vorsichtig umgehen. Denn er meint einen ungeplanten großflächigen systemumfassenden Stromausfall, der enorme Konsequenzen hat, weil es lange dauern kann, die Versorgung wieder herzustellen.”
Obwohl man ein solches Szenario nicht ausschließen könne, dürfe das nicht unsere primäre Sorge im kommenden Herbst und Winter sein. Viel realistischer sei eine sogenannte rotierende Abschaltung. Dabei handele es sich um geplante Zeiträume, in denen gewisse Teile der Last vom System getrennt werden. Auch mache es laut Maurer einen Unterschied, “ob ein ganzes Land gleichzeitig keinen Strom hat oder ob eine Stadt oder ein Stadtteil temporär für zwei Stunden vom Netz genommen wird.”
Große Blackout-Ereignisse seien äußerst selten und entständen meist nicht deshalb, weil zu wenig Strom im System ist. Für gewöhnlich seien es Netzprobleme, bei denen irgendetwas Unvorhersehbares passiert. Oft kämen auch mehrere Dinge zusammen, verrät der Energieexperte.
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Experte Saurugg warnt vor den Folgen eines Stromausfalls
Der österreichische “Blackout-Experte” Herbert Saurugg warnt in der FAZ hingegen vor einer sehr konkreten Gefahr von Stromausfällen in Deutschland. Laut Saurugg unterschätze man die möglichen Folgen großflächiger Blackouts bislang. “Aus meiner täglichen Arbeit unterstelle ich, dass den wenigsten Akteuren die Folgen einer solch geplanten großflächigen Abschaltung weder bekannt noch bewusst sind”, sagt er im Interview.
Dabei gehe es “nicht darum, ob das Ereignis wirklich eintritt, sondern, dass wir darauf nicht vorbereitet sind und der Schaden immens wäre”. Saurugg rät dazu, die Ursachen der derzeitigen schweren Verwerfungen auf dem Strommarkt anzugehen. Dem Experten zufolge müssten verlässliche Erzeugungskapazitäten, Speicher und Leitungen ausgebaut werden.
Ähnliches hört man auch vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK). In einer Erklärung heißt es, man habe die Wahrscheinlichkeit, dass in Deutschland eine durch einen Stromausfall verursachte Katastrophe eintritt, höher als jede andere Gefahr bewertet. Die Folgen eines solchen Ereignisses wären von nationaler Tragweite: “Ab drei Tage aufwärts würden wir heute einschätzen, dass das zu katastrophalen Zuständen führen würde.”