Der Bärenmarkt scheint endlich Fuß an der Börse zu fassen. Anleger fragen sich jetzt, welche Zukunft ihren Wertpapieren bevorsteht.
Am 20. Mai 2022 fiel der S&P 500 zwischenzeitlich um 20 Prozent von seinem letzten Allzeithoch. Damit tauchte der US-amerikanische Leitindex kurzfristig ins Bärenmarkt-Territorium ein. Der berühmte Technologieindex Nasdaq befindet sich schon seit Anfang des Monats im Bärenmarkt. Schuld an den Kursrückgängen tragen mehrere Faktoren, die in Kombination miteinander einen gefährlichen Mix ergeben.
Wie sich ein Bärenmarkt naturgemäß verhält
Auf der einen Seite fürchten sich Anleger gerade vor einer Rezession. Notenbanken auf der ganzen Welt, darunter die US-amerikanische Federal Reserve und die Europäische Zentralbank, kündigten in den letzten Wochen Zinserhöhungen an. Dieser Schritt soll in erster Linie die aggressive Inflation eindämmen. Doch die US-Wirtschaft schrumpfte im ersten Quartal 2022 bereits um 1,4 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Wenn die Unternehmen jetzt schwerer an neues Geld kommen, könnte das den Wirtschaftsrückgang noch verstärken.
Gleichzeitig hat der Westen mit hohen Energiepreisen und Lieferengpässen zu kämpfen. Dass die Aktien zusätzlich noch ungewöhnlich hoch bewertet waren, ist ebenfalls wenig hilfreich. Anleger, die sich schon an den Bullenmarkt der letzten Jahre gewöhnt haben, stehen jetzt vor einer schwierigen Aufgabe.
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Was in den kommenden Monaten und Jahren auf uns zukommt, weiß niemand so genau. Die meisten Bärenmarkte zeichnen sich jedoch durch besondere Charakteristiken aus. So kommt es zu stärkeren, täglichen Kursschwankungen (Volatilität) und einem Wechsel der Anleger von Growth- zu Value-Aktien.
Als Value-Aktien versteht man solche Wertpapiere, die am Markt unterbewertet sind. In diesem Jahr konnten wir bereits beobachten, wie Value-Aktien ihre Growth-Rivalen outperformten.
Auch kommt es in Bärenmarkten oft zu einer erhöhten Nachfrage am Anleihenmarkt. Der Grund dafür liegt in dem Verlangen der Anleger nach Stabilität. Inwieweit die Anleihenpreise steigen werden, hängt primär von den vergebenen Zinsen ab. Bislang konnten wir noch keine starke Nachfrage beobachten, da der Realzins aufgrund der hohen Inflation weiterhin negativ ausfällt.
Bärenmärkte sind kurz, Bullenmärkte lang
Der durchschnittliche Zeitraum eines Bärenmarkts beträgt weniger als 1,3 Jahre. Der längste Bärenmarkt der Geschichte, die Große Depression in den USA, hielt jedoch ganze fünf Jahre an.
Wichtig ist, dass du als Anleger nicht in Panik verfällst. Wer langfristig investiert, muss sich nicht vor zwischenzeitlichen Kursrückgängen fürchten. Im Gegenteil können derartige Situationen sogar eine Chance darstellen, besonders preiswerte Aktien und ETFs zu erwerben.
Sei dir außerdem bewusst, dass auf einen Bärenmarkt immer auch ein Bullenmarkt folgt. In der Vergangenheit erstreckte sich der Zeitraum eines Bullenmarkts auf durchschnittlich 6,6 Jahre. Wer Verluste einfach aussitzt, wird den Kursrückgang auf Dauer gar nicht bemerken.
Dass wir uns bereits in einem waschechten Bärenmarkt befinden, lässt sich jetzt noch nicht mit Sicherheit behaupten, da Börsenphasen immer historisch betrachtet werden müssen. Mit seinem großen Zeh berührt der S&P 500 allerdings schon das Wasser. Ob die Aktienkurse weiter sinken werden oder ob der Trubel bald vorbei ist, darüber streiten sowohl Ökonomen als auch Privatanleger.