Das Thema Daytrading wird schnell in Verbindung mit schnellen Autos, schicken Kleidern und finanzieller Freiheit gebracht. Die Realität sieht meistens anders aus.
Die Langeweile in den eigenen vier Wänden und das Verlangen nach einem aufregenden Abenteuer hat viele Menschen während der Pandemie in die Welt des Daytrading geführt. Das umstrittene Investment-Konzept verspricht hohe Gewinne bei geringem Einsatz. Coaches werben damit, deinen Job obsolet zu machen, wenn du nur den Vorgaben ihres Online-Kurses folgst. Doch kann das tatsächlich klappen?
Was steckt hinter Daytrading?
Unter Daytrading versteht man den kurzfristigen Handel mit Wertpapieren. Wo der langfristige Anleger über Zeiträume von 5, 10, 20 oder mehr Jahren investiert, handelt der Daytrader im Zeitraum weniger Stunden oder eines Tages. Das Ziel: Von kurzfristigen Kursschwankungen profitieren.
Daytrading kann in den verschiedensten Märkten ausgeübt werden, findet aber vor allem auf dem Forex-Markt (Geldwährungen) und dem Aktien-Markt statt. Für gewöhnlich nutzen Daytrader sogenannte Hebel, die das Verhältnis zwischen Eigen- und Fremdkapital darstellen. Ein Hebel von 1:10 würde bedeuten, dass die Person nur 1/10 ihres eigenen Geldes investiert. Den Rest leiht er sich in Form eines kurzfristigen Kredits von seinem Broker.
Diese Methode verspricht schnelle Gewinne, kann aber ebenso in verheerenden Verlusten ausarten. Um den Markt permanent im Auge zu behalten, muss der Daytrader mehrere Stunden seiner Zeit in den Handel mit Finanzinstrumenten investieren. Kurze Pausen oder Versäumnisse kann er sich nicht leisten. Und selbst wenn er die Augen wie ein Bussard geöffnet hält: Die Chancen auf tatsächliche Gewinne sind verschwindend gering.
Studien beweisen: Die meisten Daytrader gehen leer aus
Mehrere Studien der Vergangenheit zeigen, dass der Profit des durchschnittlichen Daytraders oft nicht höher liegt, als der eines Glückspielers. Einem Bericht des Internet-Brokers eToro zufolge, verlieren rund 80% der eigenen Nutzer Geld beim Daytrading. Eine Studie aus Brasilien zeichnet ein noch deutlich schockierenderes Ergebnis ab. Unter neuen Daytradern, die 300 Tage lang regelmäßig handelten, verdienten 97% gar kein Geld oder fuhren Verluste ein.
Selbst die Gewinner konnten nicht mit horrenden Profiten prahlen. Nur 1,1 Prozent der Beteiligten verdienten nach Abzug der Kosten mehr als der brasilianische Mindestlohn von umgerechnet 16 Dollar pro Tag. Die Allerwenigsten übertrafen das Einstiegsgehalt eines örtlichen Bankberaters. Die Ergebnisse zeigen: Reich werden durch Daytrading nur die wenigsten Menschen und am ehesten wahrscheinlich die Broker.
Wer sich dennoch für die Beschäftigung des Daytraders entscheidet, sollte damit rechnen, vor allem zu Beginn jede Menge “Lehrgeld” bezahlen zu müssen. Außerdem sollte man das Risiko eingesetzter Beträge genauestens abwägen und sich stets die Tatsache bewusst machen, dass man sich mit den institutionellen Anlegern der Banken starke Gegenspieler ausgesucht hat, die meistens von einem Informationsvorsprung profitieren.
Ein Zitat des weltbekannten Börsengurus André Kostolany fasst das Risiko des Daytradings blendend zusammen: “Ich kann Ihnen nicht sagen, wie man schnell reich wird; ich kann Ihnen aber sagen, wie man schnell arm wird: indem man nämlich versucht, schnell reich zu werden.” Wer mit dem sinnvollen Gedanken spielt, an der Börse zu investieren, ist mit einer klassischen Buy and Hold-Strategie vermutlich besser beraten.