Manch ein Sparer schwört auf seine festverzinslichen Wertpapiere. Doch ist der Kauf von Anleihen auch im Jahr 2022 noch sinnvoll?
Wer über einen längeren Zeitraum Aktien hält, kann das Risiko, Verluste einzufahren, stark minimieren. Mit einem breit diversifizierten Portfolio sinkt das Risiko nur noch weiter. Da Aktien aber keine festen Zinsen abwerfen, sondern der Laune des Markts Folge leisten, zeigen sich viele Sparer weiterhin zaghaft. Die Angst, Opfer eines Börsencrashs zu werden, ist einfach zu groß. Statt also Aktien zu erwerben, greifen zahlreiche Menschen auf Anleihen zurück.
Was sind Anleihen?
Anleihen, auch Bonds genannt, sind festverzinsliche Wertpapiere, die an der Börse gehandelt werden. Im Grunde funktionieren Anleihen ähnlich wie Schuldverschreibungen, da es einen Schuldner gibt, der einen Kredit aufnimmt und einen Gläubiger, der den Kredit gewährt. Während der gesamten Laufzeit fallen auf die ausgegebene Geldsumme regelmäßige Zinszahlungen (Kupon) an. Laufzeit und Zinsen werden im Vornherein festgelegt.
Wie auch Aktien, werden Anleihen von einem Emittenten ausgegeben. Der Emittent der Anleihe kann ein Unternehmen, eine Bank eine Institution oder ein Staat sein. Entscheidest du dich für den Kauf einer Anleihe, wird der Herausgeber für dich zum Gläubiger, da er dir die Kaufsumme (Nennwert) später zurückzahlen muss. Das Risiko besteht darin, dass der Emittent am Ende der Laufzeit eventuell nicht über die finanziellen Mittel verfügt, seine Schulden zurückzuzahlen. Aus diesem Grund werden Anleihen von Rating-Agenturen nach ihrer Bonität bewertet (AAA bis D).
Beispiel: Stell dir vor, du kaufst eine Anleihe mit einem Nennwert von 1.000 Euro pro Stück und einem Zinssatz von 3% jährlich. Die Laufzeit beträgt 10 Jahre. Im Laufe der nächsten 10 Jahre würdest du dann pro Jahr 30 Euro an Zinsen erhalten. Die 1.000 Euro erhältst du am Schluss wieder zurück. Deine Rendite läge also bei 300 Euro.
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Verschiedene Arten von Anleihen
Auf dem Kapitalmarkt gibt es mittlerweile eine ganze Reihe unterschiedlicher Anleihen, die nach verschiedenen Kriterien geordnet werden. Staatsanleihen gelten als vergleichsweise sicher, vor allem dann, wenn sie von wirtschaftsstarken Industrieländern wie z.B. Deutschland herausgegeben werden. Wandelanleihen sind risikobehafteter und deshalb nur für Anleger mit dem nötigen Know-How zu empfehlen. Im folgenden wollen wir dir einige der gängigsten Bondstypen vorstellen:
Staatsanleihen: Wie der Name schon verrät werden diese Anleihen von einem Staat herausgegeben. Sowohl Industrieländer wie Frankreich als auch weniger kreditwürdige Staaten wie Nigeria oder Venezuela emittieren die Wertpapiere, um Kapital aufzunehmen. Staatsanleihen von Ländern mit hoher Bonität gelten als besonders sicher und sind deswegen für risikobewusste Anleger am besten geeignet. Allerdings fallen hierbei auch geringere Zinszahlungen an.
Unternehmensanleihen: Betriebe geben Anleihen aus, um sich Kapital für die Geschäftstätigkeit zu beschaffen. Die mögliche Rendite hängt maßgeblich von der Bonität des Unternehmens ab. Wirtschaftlich starke und etablierte Firmen werden dich mit geringeren Zinszahlungen ausstatten als junge, wachsende Unternehmen.
Wandelanleihen: Diese Form der festverzinslichen Wertpapiere lassen sich am besten als eine Mischung aus Anleihen und Aktien beschreiben. Bei dem Kauf einer Wandelanleihe verfügt der Anleger über die Möglichkeit, seine Anleihen noch vor Ende der Laufzeit in eine Aktie des ausgebenden Unternehmens umzuwandeln. Da es sich hierbei jedoch um sehr komplexe Finanzprodukte handelt, sind Wandelanleihen nur für Experten geeignet.
Nachranganleihen: Im Falle der Insolvenz des Emittenten erhältst du bei Nachranganleihen erst dann dein Geld zurück, wenn alle anderen Gläubiger bezahlt wurden. Du gehst praktisch freiwillig ein höheres Risiko ein. Für deine Risikobereitschaft wirst du jedoch auch mit höheren Zinsen belohnt.
Nullkuponanleihen: Bei diesem Bondstyp erhältst du während der gesamten Laufzeit keine Zinsen. Dafür liegt der Ausgabepreis bei der Emission unter 100%. Statt dem vollen Preis muss der Investor dann zum Beispiel nur noch 80 Euro zahlen, während er am Ende der Laufzeit dennoch die vollen 100 Euro erhält.
Pfandbriefe: Diese Art der Anleihe ist besonders sicher. Pfandbriefe werden nämlich mit einer Einlagesicherung, wie beispielsweise einem Immobilienkredit, versehen. Im Insolvenzfall des Emittenten steht somit zusätzliches Vermögen zur Verfügung, das bei Zahlungsschwierigkeiten genutzt werden kann, um Schulden zu begleichen. Auf der Kehrseite bescheren Pfandbriefe niedrigere Zinsen als gewöhnliche Unternehmensanleihen.
Lässt sich eine Anleihe auch vor Ende der Laufzeit verkaufen?
Eine Anleihe muss nicht bis zum Ablauf der Laufzeit gehalten werden. Theoretisch kann das Wertpapier vorzeitig verkauft werden, um von Kursentwicklungen zu profitieren. Denn ähnlich wie Aktien unterliegen auch die Preise von Anleihen den Schwankungen des Markts. Statt in Euro wird der Kurs aber in Prozent des Nennwerts angeben. Beim Kauf liegt der Nennwert standardmäßig bei 100%.
Schwankungen entstehen, wenn es zu Entwicklungen bei den Marktzinsen oder der Bonität des Emittenten kommt. In der Theorie kann eine Anleihe während der gesamten Haltedauer mehrfach ihren Nennwert ändern und zwischenzeitlich auf weniger als 90% fallen oder um mehr als 110% ansteigen. Doch was auch immer am Markt geschieht: Am Ende der Laufzeit erhält der Käufer die kompletten 100% zurück. Wenn du bereits weißt, dass du eine Anleihe die gesamte Laufzeit über besitzen wirst, müssen dich die Entwicklungen des Nennwerts also nicht interessieren.
Vor- und Nachteile von Anleihen
- Vorteile:
- Geringere Schwankungen als bei Aktien
- Teilweise höhere Zinsen als beim Sparbuch
- Überschaubares Risiko
- Eignen sich zum diversifizieren des Portfolios
- Nachteile:
- Von Zinsniveau abhängig
- Geringere Renditen als bei Aktien
- Totalausfallrisiko
- Keine Einlagensicherung
Wie und wo kann ich Anleihen kaufen?
Um Anleihen kaufen zu können, benötigst du erstmal ein Depot. Ist dieser Schritt getan, lassen sich die Wertpapiere einfach bei der Bank oder einem Broker erwerben – natürlich gegen eine kleine Transaktionsgebühr. Wer das Risiko eines Kapitalverlusts verringern möchte, kann neben einzelnen Anleihen auch ganze Anleihenfonds (Rentenfonds) kaufen. So wird das Kapital auf mehrere Produkte gestreut.
Auf der einen Seite hast du die Möglichkeit, aktive Anleihenfonds zu kaufen und dein Kapital von einem Fondsmanager verwalten zu lassen. Auf der anderen Seite kannst du einen ETF kaufen, welcher die Wertentwicklung eines Anleihen-Index nachbildet. Diese Möglichkeit ist für gewöhnlich deutlich günstiger, da keine hohen Verwaltungsgebühren anfallen und die Rendite schmälern. Wichtig ist, dass du vor jedem Kauf auf die Bonität der Firmen oder Unternehmen achtest. Eine niedrige Bonität verspricht zwar höhere Zinsen, dafür aber auch ein größeres Ausfallrisiko.
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Lohnen sich Anleihen im Moment?
Der Kauf von Staatsanleihen ist momentan nicht besonders ratsam. Aufgrund des derzeitigen Zinsniveaus erhalten Sparer nur minimale Zinsen auf ihr Investment. Im Januar 2022 betrug die Rendite 10-jähriger Bundesanleihen außerdem -0,06%. Auch wenn man den Blick erweitert, zeigen sich ernüchternde Ergebnisse. Langfristige Staatsanleihen aus aller Welt erzielten in den letzten 5 Jahren eine durchschnittliche Rendite von gerade mal 1,60% und konnten damit nicht einmal die Inflation schlagen.
Wegen ihres AAA-Ratings werden Bundesanleihen weltweit als besonders sicher angesehen. Derzeit werfen aber selbst gewöhnliche Festgeldkonten eine höhere Rendite ab – teilweise sogar Tagesgeldkonten. Ob es sich also lohnt, Anleihen zu kaufen und damit sogar noch auf die Einlagensicherung der Bank zu verzichten, ist fraglich.
Mit Unternehmensanleihen oder schlechter bewerteten Staatsanleihen lassen sich zwar höhere Renditen erzielen, allerdings muss man hierbei auch von einem höheren Risiko ausgehen. Grundsätzlich gilt: Ein gutes Portfolio sollte niemals aus nur einer Anlageklasse bestehen. Wenn du Anleihen kaufen möchtest, solltest du dein Portfolio mit weiteren Finanzprodukten wie z.B. Aktien, REITs oder Rohstoffen ausstatten, damit du auch in Krisenzeiten keine zu hohen Kursverluste einfährst.